Dienstag, 27. November 2007

Julian

...Er war am Freitag gegen 22 Uhr in seinem riesigen Zimmer auf seinem Ecksofa mit braunem Havanna Stoff gelegen und hatte sich die erste DVD des Abends reingezogen ("Terminator 3") und wollte eigentlich gerade Nummer 2 ("Stirb langsam 4") in seinen neuen Samsung legen, als ihn Arda anrief. Allerdings klingelte es nur einmal, somit war Magic klar, sein Kumpel stand vor der Tür - worüber er nicht gerade begeistert war. Über den Hintereingang holte er ihn nach oben (Seine Eltern sollten nicht unbedingt was mitkriegen, fand Magic).
"Was geht, Mann - wieso hast du nicht Bescheid gesagt, ich hab kein Bock was zu machen heute".
"Doch",
Arda hatte gierig leuchtende Augen.
"Julian hat angerufen, er ist eingeladen auf so ne private Schicki-Micki Party im Wheel".
Der Schuppen, natürlich Bestandteil der Pyramide, war für solche gedacht, die sich schön und reich vorkamen, Magic und Arda waren nur selten dort gewesen, das einzig Interessante waren die Mädchen und Frauen. Den Snobs würde man am liebsten ihre Begleitungen ausspannen, was jedoch lächerlich unrealistisch war und zudem reine Angeberei, der einzige dem die Clique insgeheim sowas zugetraut hätte, war wohl Julian.

Julian war ein absolutes Phänomen. Er wohnte dank seiner Eltern, die ihm die Wohnung bezahlten, mitten in der Stadt. Allerdings zog er es vor, nach dem üblichen Partymarathon in der Pyramide, bei seinen Eltern zu nächtigen - er hatte dort ein eigenes Stockwerk - außerdem wohnten Sie nur ein paar U-Bahn Stationen entfernt, bereits außerhalb des Glasscherbenviertels.
Magic und Arda hatten ihn bei einer der vielen privaten Vorglühsessions kennengelernt, die ein Kumpel von Arda regelmäßig veranstaltete. Er war gutaussehend, nett, schien bei Frauen gut anzukommen, man sonnte sich gern in seiner offenen Art. Außerdem machte er immer dick Party und hatte dafür auch immer den richtigen Stoff dabei - hauptsächlich LSD und Kokain. Interessant war, dass er, anders als die meisten anderen, mit den Drogen gut umgehen konnte. Er schmiß sich nächtens Acid, und konnte am nächsten Morgen problemlos in die Arbeit. Er verdiente sich (neben einem monatlich eintreffenden dicken väterlichen Scheck) in einem Behindertenwohnheim sein Geld. Er war dort sehr beliebt. Was wohl daran lag dass er mit lustiger, versteckter Betrunkenheit (sein mittäglicher Orangensaft enthielt zur Hälfte Wodka, doch dass merkte keiner) die Bewohner und Kollegen unterhielt. Niemand wäre auf die Idee gekommen ihm ein Alkohol- oder Drogenproblem zu unterstellen - er war immer so gut drauf, der Junge. Und er sah ja toll aus. In diesem Wohnheim hatte er seinen Zivildienst gemacht, und jetzt, zwei Jahre später, hatter er diesen gut bezahlten Nebenjob gerne angenommen, er machte ihm Spaß und gab ihm das Gefühl etwas sinnvolles zu tun.
Nach den regelmäßigen Partys in der Pyramide brachte er oft verschiedenste Mädchen und Frauen mit nach Hause. Seine Eltern bekamen dass kaum mit und in der Clique wurde er insgeheim dafür beneidet. Dass in Wirklichkeit zumeist nichts passierte lag wohl daran, dass Julian und Weib XY zu betrunken, stoned oder sontwas waren. Wenn überhaupt, kam nicht mehr als ein obligatorischer Blowjob zustande, da Julian völlig apathisch daniederlag in diesen Momenten, und kurz nachdem er gekommen war (oder auch nicht), schlief er ein. Aber auch dass, schien ihm nichts auszumachen, er nahm alles so locker und dafür wurde er bewundert. Dass er mit sich und seinem Leben allerdings nicht zurecht kam, bemerkt niemand, am allerwenigsten seine Eltern...

Keine Kommentare: